„Die täglichen Dramen im Mittelmeer mit hilflos ertrinkenden Flüchtlingen sind ein Ausdruck von handlungsunfähigen politischen Entscheidungsebenen in Europa,“ so Margrit Unternährer, Vorsitzende des Kolpingwerkes Europa.
„Viele zivilgesellschaftliche Organisationen wie das Kolpingwerk Deutschland mit seinen Kolpingsfamilien vor Ort nehmen sich der Flüchtlinge engagiert an und helfen ihnen unkompliziert, ohne erst auf gesetzliche Regelungen zu warten. Sie helfen, weil Not erkannt wird und fragen nicht erst nach Zuständigkeiten“, betonte Margrit Unternährer im Rahmen der Kontinentalversammlung des Kolpingwerkes Europa am vergangenen Wochenende in Frankfurt. Diese tatkräftige und konkrete Hilfe sei eine Aufforderung an die politischen Entscheidungsebenen in Europa, es den zivilgesellschaftlichen Organisationen endlich gleichzutun und für eine politische Lösung der Flüchtlingsdramen zu sorgen. „Bisher stellt sich Europa jedoch im Fall der Flüchtlingsleiden eher als ein Zusammenschluss von teilweise egoistischen Nationalstaaten denn als Wertegemeinschaft dar“, so die Europavorsitzende.
Das Geschachere um Zuständigkeiten und die Weigerung, das Problem politisch anzugehen, werde als klägliches Versagen und Verrat an der europäischen Idee bewertet. Die Verweigerung der europäischen Entscheidungsebenen oder deren Unfähigkeit, gemeinsame politische Lösungen und Hilfen zur Behebung dieser menschlichen Katastrophen zu finden, lasse viele Bürgerinnen und Bürger verzweifeln. Die üblichen Vorurteile gegenüber einem europäischen „Bürokratieklotz“ würden dadurch nur bestätigt.
„Die noch nicht behobene Euro-Krise und die Tatsache, dass sich derzeit keine Mehrheiten für eine gemeinsame europäische Außenpolitik abzeichnen, zeigen ferner, dass eher das Trennende und die Unterschiede zwischen den Nationalstaaten betont werden“, so die Europavorsitzende. „Die Zukunft kann und wird jedoch nur in einer verstärkten Zusammenarbeit liegen", betont sie. Europa müsse wieder stärker das Verbindende herausstellen. Die unterschiedlichen nationalen Interessen müssten sich dem gemeinsamen Anliegen - unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips – unterordnen. Als eine Voraussetzung dafür wird in der Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments gesehen. Zudem braucht Europa eine gemeinsame europäische – durch das EU Parlament gewählte – Regierung“, betont Margrit Unternährer.
Wenn zivilgesellschaftliche Organisationen die europäische Idee eher umsetzen als die politischen Entscheidungsträger, dann werde erschreckend deutlich, dass die europäische Idee lediglich für Sonntagsreden geeignet sei. Soweit jedoch dürfe es nicht kommen.
Margrit Unternährer, „am Flüchtlingsdrama wird sich beweisen, ob Europa tatsächlich die beschworene Wertegemeinschaft ist“.
Martin Grünewald